Freitag, 14. Januar 2011

Konnektivismus : Vor- und Nachteile

Vorteile:
  • Die Lerntheorie des Konnektivismus betrachtet nicht nur das Lernen in Personen sondern auch das Lernen außerhalb, z.B. in Organisationen. Dieses externe Lernen wird von den drei großen Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus völlig außer Acht gelassen.
  • Es werden gesellschaftliche Veränderungen berücksichtigt:
o   Beeinflussung des Lernens durch Technik, vor allem Internet und Web 2.0
 
-> neue Möglichkeiten der Wissensgenerierung und –aufbewahrung
o   Lernen geschieht immer öfters auf verschiedenen Wegen: das informelle Lernen wird im Vergleich zum formellen Lernen immer wichtiger (im Gegensatz dazu, beziehen sich die klassischen Lerntheorien hauptsächlich auf das formelle Lernen)
-> Der Konnektivismus fördert das informelle Lernen
o   Lebenslanges Lernen wird immer wichtiger
-> Auch das wird vom Konnektivismus gefördert
o    Somit eignet sich der Konnektivismus als Lerntheorie für das digitale Zeitalter, da neue Technologien und Entwicklungen ein zentraler Bestandteil sind
  • Der Konnektivismus versucht dadurch, dass es in dieser Theorie es nicht mehr um „know how“ und „know what“ sondern um „know where“ geht, die gesellschaftlichen Veränderungen aufzufangen. Durch das Bilden von Netzwerken und das Abrufen von Wissen in sogenannten „Knotenpunkten“, wird man als Lerner entlastet, da man sich selbst das neue Wissen, das ständig hinzukommt, nie merken könnte (das weltweite Wissen verdoppelt sich alle 18 Monate!). Möglich wird diese Netzwerkbildung vor allem durch das Internet. Somit nutzt die Lerntheorie des Konnektivismus also auch diese Entwicklung für sich aus.
  • In diesem Zusammenhang ist auch die Fähigkeit zu nennen,  gezielt nach Informationen suchen zu können, irrelevante Inhalte erkennen und aussortieren zu können. Angesichts der Informationsflut werden diese Kompetenzen, auf die im Konnektivismus großer Wert gelegt wird, immer wichtiger.
  • Das Bilden von Netzwerken fördert die soziale Kompetenz.
  • Die Lernenden bekommen nicht nur eine Sichtweise auf ein Thema vermittelt sondern so viele verschiedene wie sie möchten, da sie ihr Wissen von vielen verschiedenen Quellen beziehen und nicht mehr nur von DEM einen Lehrer.
-> Diese Art des Lernens kann den Geisteshorizont im Vergleich zum „Klassenzimmer-Lernen“ erheblich erweitern.

·       Das hohe Maß an Autonomie, dass von den Lernenden erwartet wird, fördert automatisch auch die Eigenständigkeit in anderen Lebensbereichen. Bezogen auf Schüler oder Studenten lässt sich so z.B. vermuten, dass die Lernenden so optimal auf das spätere Berufsleben vorbereitet werden, in welchem die Fähigkeit selbstständig effektiv arbeiten zu können als Grundvorsaussetzung erwartet wird.
  • Die Lernenden, und nicht die Lehrenden, stehen im Konnektivismus in der Mitte des Lernprozesses. Somit können die Lerner selbst entscheiden, was genau sie lernen möchten
->  Das kann die Lern-Motivation enorm steigern.
 

Nachteile:
  •   Das plötzlich geforderte hohe Maß an Autonomie von den Lernenden, kann viele überfordern. Es gibt zwar immer Lernende, die sich sehr gut selbst Wissen aneignen können, genauso gibt es aber Lerner, die eine intensive Betreuung durch einen Lehrerenden und die direkte Wissensvermittlung von diesem, für ein erfolgreiches Lernen benötigen:
„Current research in adult education shows that the levels of confidence and learner autonomy, in addition to discipline, are of crucial importance to the level of engagement by the learner in a personalized learning environment, as lack of these in the majority of participants hampered their learning online.“ (R. Kop, A. Hill: Connectivism: Learning theory of the future or vestige of the past?)
->  Das kann zu erheblichen Wissensunterschieden zwischen einzelnen Lernenden führen
  • Wenn sich die Lernenden selbst aussuchen können was sie lernen, wird es schwer werden, das Wissen abzuprüfen
  • Schwierigkeiten beim Aufbau des Lernnetzwerks können entstehen
o   Mangelnde soziale Kompetenz
o   Mangelnde Internet-Kenntnisse 
o   Wie findet man denjenigen, der das Wissen hat, das man benötigt?
  • Eine weiteres Problem das beim Lernen auf Basis des Konnektivismus auftreten kann ist, dass viele Lernende sich vermutlich ein Netzwerk schaffen werden, in dem die verschiedenen Knotenpunkte (egal ob Menschen, Bücher, etc.) den eigenen Einstellungen entsprechen und somit die vielseitige Sicht auf Dinge, die durch das Netzwerk ja eigentlich entstehen soll, vollkommen verloren geht:
„There have been concerns about the lack of critical engagement online (Norris 2001), because of the temptation to connect with like-minded people, rather than in more challenging transactions, with experts such as the teacher in a classroom, whose role is to make people aware of alternative points of view. (...) this capacity for critical engagement would not be present if educators are reduced to facilitators (Salmon, 2004)” (R. Kop, A. Hill: Connectivism: Learning theory of the future or vestige of the past?)
  • Hinzu kommt, dass sich die Lernenden in dieser Lernumgebung für einen Tutor entscheiden, der sie in ihrem Handeln bestärkt und lobt. Somit fehlt dem Lernenden eine kritische Instanz.
  • Kritiker bemängeln, dass der Konnektivismus keine völlig neue Lerntheorie ist, da sich einige Aspekte bereits in andere Lerntheorien wiederfinden – bspw. wird bereits im Konstruktivismus auf die Interaktion zwischen Lernenden und Technologien wie einem Computer eingegangen
  • Zudem ist der Konnektivimus noch keine ausgereifte Lerntheorie, ihm fehlt die theoretische und empirische Fundiertheit der alten Theorien.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Online-Seminare, Lebenslangen Lernen und Informationsflut

Online-Seminare
Eine Möglichkeit, um Lernszenarien anders zu gestalten, ist, die Veranstaltung in den virtuellen Raum zu verlegen. Zwar gibt es diese Form des Lehrens – wie z.B. Online-Seminare-  schon relativ lange, durch technische Entwicklungen und neue Anwendungen wie Skype, Moodle oder GoogleDocs wird aber deren Durchführung um einiges erleichtert.
Online-Seminare werden dabei nicht nur in klassischen Lernumgebungen wie Universitäten angewandt. So gibt es ein Projekt, bei dem Senioren mittels einer Onlineveranstaltung lernen, kommunikative Tools wie GoogleDocs, Skype oder Twitter anzuwenden.

Lebenslanges und informelles Lernen
Veranstaltungen wie diese folgen dem Trend, dass  Lernen nicht mit der schulischen oder universitären Ausbildung aufhört, sondern ein Mensch sein Leben lang neues Wissen erwerben kann oder sogar muss.
Gründe hierfür sind u.a. die Globalisierung, aber auch die immer älter werdende Bevölkerung. Um konkurrenzfähig zu bleiben, muss man seinen Wissensstand ständig aktualisieren und neues dazu lernen, da das in der Schule oder Ausbildung erworbene Wissen schnell überholt sein kann (s. auch Claudias Artikel).
Immer wichtiger wird auch das  informelle Lerne, das im Gegensatz zum schulischen Lernen eher nebenbei geschieht und oft im Alltag und nicht im institutionellem Kontext stattfindet. Da diese Art des Lernens immer mehr an Bedeutung gewinnt, sollte man sich überlegen, ob und wie man dieses Lernen in Lernszenarios fördern kann.  Dies könnte z.B. dadurch geschehen, dass man die Lernenden auf ihre Lernprozesse aufmerksam macht und ihre Reflexionsfähigkeit stärkt.

Informationsflut
Ein Problem beim selbstständigen Lernen oder Arbeiten ist oftmals die Informationsflut. Durch das ständige Erhalten von Mails, Tweets oder Facebookupdates bleibt wenig Zeit für die eigentliche Arbeit, zudem liefern RSS- oder Newsfeeds regelmäßig neue Informationen und damit Reize, auf die man reagiert und somit abgelenkt wird.
Auch wenn man für Referate oder Hausarbeiten im Internet recherchiert, wird man mit einer Unmenge an Informationen konfrontiert. Man muss aus der Vielzahl an Input die relevanten und nützlichen Informationen erkennen und filtern, was oft nicht ganz einfach ist.
Hier ist es v.a. für Lernszenarios, die auf selbstständiges Lernen und Eigeninitiative setzen, wichtig,  den Lernenden Hilfestellung zu geben. Dies könnte zum einen mit einer Lernumgebung passieren, die wenig Ablenkung zulässt, zum anderen kann den Lernenden aber auch Informationskompetenz sowie die Fähigkeit, sinnvoll und effektiv zu recherchieren, vermittelt werden.

Quellen

Aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen 
für die Gestaltung von Lernszenarien

Entwicklungen
Die Gesellschaft hat sich verändert – wir leben mittlerweile im 21. Jahrhundert in einer digitalen, vernetzten Welt, die von Internet und Social Media Tools geprägt wird. Fast alle Kommunikation oder Recherche läuft mittlerweile über das Internet ab. Davon sind natürlich auch die Lernenden an Schulen und Hochschulen betroffen.
Des Weiteren verdoppelt sich der weltweite Wissensstand mittlerweile alle 18 Monate. Aktuelles Wissen veraltet sehr schnell, so dass von jedem Einzelnen zu lebenslangem Lernen gefordert wird, um in der Gesellschaft mithalten zu können. 
 Unsere Gesellschaft ist zu einer Wissensgesellschaft geworden!!
„Die Fähigkeit zur Selbststeuerung wird im beruflichen Alltag immer wichtiger, der Arbeitsmarkt verlangt nach Qualifikation wie Eigeninitiative, Selbstorganisation, Belastbarkeit und Teamfähigkeit. Vor allem die Bereitschaft Neues zu lernen und umzulernen wird zur Schlüsselqualifikation.“ 
(URL: http://www.petersheim.de/node/690)
Diese Veränderungen, die in der gesamten Welt geschehen, haben natürlich auch Auswirkungen auf das Bildungssystem:

Herausforderungen
Dementsprechend müssen auch die Lehr-Lern-Strukturen verändert werden. Es gilt, wegzukommen vom klassischen Klassenraum-Modell mit einem Lehrenden und mehreren Lernenden, hin zu offenen, vernetzen Lernsituation, die sich in das digitale Zeitalter einfügen, ein breiteres Verständnis der Gesamtzusammenhänge fördern und vor allem das selbstgesteurte Lernen lehren, da eben dies zu einer elementaren gesellschaftlichen Anforderung geworden ist. 
In unserer Wissensgesellschaft werden de Probleme immer komplexer und sind demnach mit den einfachen, vorgefertigten Lösungsstrategien eines in Jahre gekommen Bildungssystems nicht mehr zu lösen. Es müssen Wege gefunden werden, welche die Lernenden lehren, eigenständig Probleme zu lösen.
Dabei sollte man eventuell auch überlegen, ob die klassischen Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus diesen neuen Herausforderungen noch gerecht werden können oder teilweise überholt sind, da die klassischen Theorien hauptsächlich nach dem „Klassenraum-Modell“ funktionieren. Es gibt also einen Lehrenden, der sein Wissen eindimensional an die Lernenden weiter gibt, ohne dass diese aktiv werden. Es ist sehr fraglich, ob dabei die oben geforderten Kompetenzen wie Eigeninitiative, Selbstorganisation oder Teamfähigkeit gefördert werden. 
Die Herausforderung an das Bildungssystem wird also sein, Lehr-Lernszenarien zu entwickeln, in denen die Lernenden die oben genannten Soft-Skills lernen, aber vor allem auch das selbstgesteuerte Lernen gelehrt wird.
Mögliche Lösungswege werde dabei durch das Netzwerklernen (Granovetter) oder auch durch die von George Siemens 2005 veröffentlichte Lerntheorie des Konnektivismus aufgezeigt. Der Kerngedanke des Konnektivismus ist, die Grenzen der klassischen Lerntheorien afuzuheben und zu berücksichtigen, dass Lernen auch außerhalb des Individuums, in Organisationen, Gemeinschaften (Communities) und vernetzten Strukturen, stattfinden kann. Im Konnektivimus geht es nicht mehr darum, Wissen als isolierte Fähigkeit des Einzelnen, sondern als Verknüpfung zu verstehen. Lernen ist nicht länger nur das Aneignen von Fakten und Expertise, sondern die Schaffung von Verknüpfungen. Es geht nicht mehr darum zu wissen, "wie" und "was", sondern zu wissen, "wo" bei Bedarf entsprechende Informationen abrufbar sind.
Ob diese den neuen Herausforderungen gerecht werden können, wird sich zeigen. 
Die Vor- und Nachteile dieser Ansätze werden nächste Woche diskutiert.


Quellen:
www.petersheim.de/node/690
http://netzwerklernen.wikispaces.com/Konnektivismus+an+Hochschulen-+Hintergrundtext
http://netzwerklernen.wikispaces.com/Hintergrundtext+Was+ist+eigentlich+Konnektivismus#Einleitung